Fall Roger F.
Tödliche Schüsse auf Polizisten: Armee hätte Dienstwaffe des Schützen einziehen müssen

Ein Mann tötete mit einer Armee-Pistole einen Polizisten. Laut einem Urteil ist der Bund mitverantwortlich.

Pascal Ritter
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Eine Pistole der Schweizer Armee (Symbolbild)

Eine Pistole der Schweizer Armee (Symbolbild)

AZ

Am 24. Mai 2011 rückte ein Betreibungsbeamter zu einer Wohnung in Schafhausen im Emmental aus. Zwei Polizisten begleiteten ihn. Es handelte sich um eine Zwangsräumung. Am Schluss war ein Polizist tot, sein Kollege verletzt und der Betreibungsbeamte im Schockzustand.

Denn als das Trio zur Räumung der Erdgeschosswohnung ansetzte, schoss Roger F. mit einer Pistole auf die anrückenden Beamten. Später stellte sich heraus, dass die Waffe, durch die ein Polizist den Tod fand, gar nicht bei Roger F. hätte sein dürfen. Denn er war im Jahr 2007 wegen einer Persönlichkeitsstörung als untauglich aus der Armee entlassen worden. Er wurde als gefährlich diagnostiziert.

Warum hatte der Untaugliche eine Waffe?

Der Tragödie von Schafhausen folgte ein Rechtsstreit über die Frage, wer für den Einzug der Waffe verantwortlich gewesen wäre: das Kreiskommando oder die Armee. In einem heute publizierten Urteil kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die Armee verantwortlich war.

Die Armee hätte gemäss dem Urteil das Kreiskommando über die Dringlichkeit des Waffeinzugs informieren und den Einzug der Waffe auch überwachen müssen.

Das Urteil kann nun noch vor das Bundesgericht weitergezogen werden. Auf Anfrage sagte ein Sprecher des Finanzdepartementes, dass das Urteil nun zunächst analysiert würde, bevor über einen allfälligen Weiterzug entschieden würde. Das Finanzdepartement ist zuständig, weil es im Verfahren um eine Staathaftungsklage geht. Die Berner Ausgleichkasse und eine private Versicherung hatten auf Schadenersatz geklagt. Es geht um die Finanzierung von Waisen- und Hinterlassenenrenten.

Die Armee änderte schon kurz nach dem Vorfall ihre Abläufe, überprüfte 300'000 Dossiers von ehemaligen Angehörigen der Armee und zog etliche Waffen ein, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Heute würde innert 24 Stunden nach der Diagnose die Waffe eines als gefährlich eingestuften Soldaten eingezogen.

(Urteile A-3025/2017 und A-3047/2017 vom 08.02.2019)

Roger F., der auf den Polizisten schoss, verstarb in Haft.