Gesetzgebung Asyl- und Migrationsrecht 2022/23

Stand: 30.11.2023

Überblick

Dokumentationen der Gesetzgebung zum Ausländer-, Asyl und Flüchtlingssozialrecht finden Sie hier:
Gesetzgebung ab 2022
Gesetzgebung 2020/21
Gesetzgebung 2018/19 

Gesetzgebung 2016/17
Gesetzgebung 2014/15
Gesetzgebung 2013

 

1. Gesetzentwurf zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht (DÜV-AnpassG)

Entwurf der Bundesregierung BT-Drs. 20/9470 v. 27.11.2023
Entwurf der Bundesregierung BR-Drs. 567/23 v.  3.11.2023

Der Bezug existenzsichernder Leistungen nach SGB II, SGB VIII, SGB XII, Unterhaltsvorschussgesetz und AsylbLG soll im Ausländerzentralregister AZR erfasst werden. Der Leistungsbezug soll als „Push-Nachricht„an Ausländerbehörden übermittelt werden.

Durch Abgleich der Daten sollen Informationen über die Anwesenheit bzw. den Wohnsitz von Nichtdeutschen ausgetauscht werden.

 

 

2. Gesetz zur Anpassung des SGB XII und XIV und weiterer Gesetze

Vom Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossen am 09.11.2023, in Kraft ab 1.1.2024
Änderungen durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales BT-Drs. 20/9195 v. 8.11.2023
Entwurf der Bundesregierung BT-Drs. 20/8344 v. 13.09.2023

Neben weiteren Änderungen im Sozialrecht erlaubt das Gesetz für anerkannte Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften ohne Selbstversorgungsmöglichkeit die Deckung des Bedarfs für Haushaltsenergie und Verpflegung als Sachleistung und eine entsprechende Kürzung der Regelsätze (zB für Ukrainer in Berlin TXL). Die mit BT-Drs 20/9195 neu eingefügten
§ 68 SGB II und § 142 SGB XII sehen dafür ab Inkrafttreten die folgenden gesetzlich bestimmten Abzüge vor:
Alleinstehende 186 €
Erwachsene Paare je 167 €
junge Erwachsene von 18 – 24 Jahren 149 €
Jugendliche von 14 – 17 Jahren 178 €
Kinder von 6 – 13 Jahren 131 €
Kinder von 0 – 5 Jahren 98 €

 

3. Gesetzentwurf zur Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten

Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 437/1/23 v. 20.10.2023
Entwurf der Bundesregierung v. 2.10.2023, BT-Drs 20/8629, am 16.11.23 in 2.und 3. Lesung beschlossen
Die CDU/CSU-Opposition forderte, auch Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, für diesen Antrag BT-Drs. 20/8785 stimmten auch AFD sowie die bisherigen Abgeordneten der Linken Wagenknecht, Al-Dailami, Ernst, Leye, Mohamed Ali, Nastic und Ulrich (Bundestagsprotokoll 16.11.23 S. 17364/65 und 17468)

Referentenentwurf BMI 23.08.2023
Stellungnahmen Pro Asyl, EKD/Kath. Büro, amnesty, dpw, LSVD, Caritas, KOK, DAV, NRV, BAFF, JRS

 

4. Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung


Entwurf der Bundesregierung v. 24.11.2023, BT-Drs. 20/9464 
Plenarprotokoll 1. Lesung am 30.11.2023

Formulierungshilfe Bundesregierung v. 01.11.2023 mit Ergänzungen des Entwurfs:
* Arbeitserlaubnis für Asylsuchende nach sechs statt neun Monaten
* Arbeitserlaubnis für Geduldete „soll“ statt „kann“ erteilt werden – wenn kein Ausschlussgrund aus einer neuen umfangreich erweiterten Liste erfüllt ist
* In beiden Fällen scheint es jedoch vor Aufnahme jeder einzelnen Tätigkeit beim bürokratischen Antragserfordernis unter Beteiligung der Agentur für Arbeit zur Prüfung der Arbeitsbedingungen zu bleiben (§ 32 BeschV iVm §§ 39 – 41 AufenthG)
* Beschäftigungsduldung für Menschen die bis 31.12.2022 eingereist sind, Voraussetzung 12 Monate Erwerbstätigkeit statt bisher 18 Monate, 20 Wochenstunden statt bisher 35
* Exzessive Ausweitung der Kriminalisierung von Fluchthilfe, vgl. Verfassungsblog, Werdermann, It’s Called Saving Lives – Zur Kriminalisierung von Fluchthilfe 

Entwurf der Bundesregierung BR Drs. 563/23 v. 02.11.2023. Die Ergänzungen aus der „Formulierungshilfe“ vom 1.11.2023 sind noch nicht enthalten.

Ausschussempfehlungen Bundesrat BR Drs. 563/1/23 v. 13.11.2023
Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik äußert verfassungsrechtliche Bedenken u.a. wegen der geplanten Befugnis zum Betreten der Wohnungen Unbeteiligter in Gemeinschaftsunterkünften zur Suche nach ausreisepflichtigen Personen.

Referentenentwurf BMI Stand 11.10.2023
PM BMI 11.10.2023 zu den wesentlichen Inhalten des Refrentenentwurfs
Stellungnahmen: dpw, amnesty, EKD und kath. Büro, terre des hommes, Pro Asyl, Deutscher Landkreistag, DAV 

Als Ergebnis des „Flüchtlingsgipfels“ der – im Grundgesetz als Verfassungsorgan so nicht vorgesehenen – Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 10.5.2023 legte das BMI am 1.8.2023 einen weder mit den Bundeskabinett noch mit der Ampelkoalition abgestimmten Diskussionsentwurf“ zur umfangreichen Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts vor. 

  • Bei Abschiebungen aus Sammelunterkünften soll die Polizei auch ohne richterlichen Durchsuchungsbeschuss sämtliche Wohn- und sonstigen Räume der Unterkunft (nicht nur das Zimmer der abzuschiebenden Person) „betreten“ dürfen, wobei das „Betreten“ laut Begründung auch die Befugnis zum Aufbrechen der Türen beinhalten soll (§ 58 AufenthG).
  • Der Verstoß gegen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 AufenthG) soll eigenständiger Haftgrund werden, auch wenn keine Fluchtgefahr vorliegt. Abschiebungshaft soll auch zulässig werden, wenn erst innerhalb der nächsten 6 (bisher 3) Monate eine Abschiebung möglich erscheint (§ 62 AufenthG). Das Ausreisegewahrsam soll von 10 auf 28 Tage verlängert werden (§ 62b AufenthG).
  • Asylsuchende, bei denen im Zeitpunkt der Asylantragstellung die Voraussetzungen für Abschiebungshaft vorliegen, sollen trotz Asylantrags inhaftiert werden können. Danach könnten künftig prinzipiell alle neu ankommende Asylsuchenden inhaftiert werden (§ 14 AsylG). Der Katalog als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnender Asylanträge wird ausgeweitet (§ 30 AsylG).

Es fehlen die weiteren Vorhaben des ursprünglich bereits für Herbst 2022 angekündigten „Migrationspaket II“, so die Erleichterung des Familiennachzugs zu Geflüchteten und zu hier lebenden deutschen Ehepartnern und die (vollständige) Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylbewerber:innen und Geduldete.

Die – als Verfassungsorgan so nicht vorgesehene – Ministerpräsidentenkonferenz hat nun am 6.11.2022 „beschlossen“: „Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wird nicht ausgeweitet.“

 

 

5. Entwurf Gesetz zur Einführung einer Kindergrundsicherung ab 2025

Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 20/9092 v. 06.11.2023
Entwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 505/23 v. 13.10.2023
Beschlussvorlage für Bundeskabinett am 28.09.2023
Referentenentwurf BMFSFJ 30.08.2023
Eckpunkte BMFSFJ Januar 2023

Stellungnahme Bundesagentur für Arbeit Sept. 2023
Stellungnahme dpw Sept. 2023
Stellungnahme Tacheles Sept. 2023
Rechenbeispiele Tacheles Sept. 2023

Umbenennungen: Zum 1.1.2o25 sollen die Familienkassen in Familienservice, das Kindergeld in Kindergarantiebetrag, der Kinderzuschlag in Kinderzusatzbetrag und das Bundeskindergeldgesetz in Bundeskindergrundsicherungsgesetz (BKG) umbenannt werden.

Den Kinderzusatzbetrag sollen finanziell bedürftige Eltern erhalten. Er ergibt sich aus dem Bürgergeld-Regelsatz des Kindes und einem pauschaler Mietanteil für das Kind von 125 Euro, wird aber um den Kindergarantiebetrag (bisher: Kindergeld) gekürzt. Wenn das Kind dann immer noch mehr bekäme als ihm nach dem Bürgergeldgesetz (Hartz IV) zusteht, wird dieser Überschuss als Einkommen vom Bürgergeld der Eltern abgezogen. Unterm Strich profitieren von der Kindergrundsicherung ebenso wie beim bisherigen Kinderzuschlag allenfalls wenige Familien mit einem Einkommen knapp über dem Bürgergeld.

Neu ist, dass bedürftige Familien mit Kindern zusätzlich zum Antrag beim Jobcenter immer auch einen Antrag auf den einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag beim Familienservice der Agentur für Arbeit stellen müssen. Bei beiden Behörden müssen künftig umfangreiche Nachweise zu Einkommen, Vermögen, Miete, Kindesunterhalt usw. vorgelegt werden.

Unterm Strich gibt es nicht mehr Geld als bisher. Die Bundesregierung plant aber über 2 Mrd € ein für den Mehraufwand an Bürokratie beim Familienservice.

Kinder nichtdeutscher Eltern werden wie beim Kindergeld auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen, wenn ihre Eltern Asylsuchende, Geduldete oder Besitzer bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel sind. Das gilt selbst dann, wenn die Kinder einen Daueraufenthalt haben oder Deutsche sind, siehe Stellungnahme dpw S. 18 ff. und Tacheles S. 7 f.

Problematisch ist u.a, dass künftig für das Jobcenter für den Bedarf des Kindes eine „Vermutung der Bedarfsdeckung“ durch die Familienkasse gelten soll.

Leistungsberechtige nach AsylbLG erhalten aufgrund ihres Aufenthaltsstatus (von ganz wenigen Ausnahmefällen abgesehen) keine Kindergrundsicherung. Die AsylbLG-Leistungen für Kinder sollen aber durch die im Rahmen des Kindergrundsicherungsgesetzes vorgesehene ersatzlose Streichung des „Sofortzuschlags“ nach § 16 AsylbLG um 20 Euro gekürzt werden. Diese Kinder profitieren auch nicht von den im Gegenzug zur auch nach SGB II/XII vorgesehenen Streichung des „Sofortzuschlags“ um 20 Euro erhöhten Kinderregelsätzen nach SGB II/XII, da diese Erhöhung rechnerisch nur auf die Bedarfe aus EVS 4 und 5 (Strom, Hausrat, Verbrauchsgüter des Haushalts) aufgeschlagen werden soll. Bei der Ermittlung der Leistungssätze nach § 3a AsylbLG werden jedoch die (nunmehr nach SGB II/XII um 20 Euro erhöhten) Bedarfe aus EVS 4 und 5 komplett gestrichen. Nach § 2 AsylbLG erfolgt iVm § 27a Abs 4 AsylbLG in der Praxis bei Unterbringung in einer Sammelunterkunft ebenfalls eine Streichung der Bedarfe aus EVS 4 und 5.

Unter das AsylbLG fallende Kinder sind im Ergebnis die einzige Gruppe, die durch die Kürzung um 20 Euro ab 1.1.2015 weniger als bisher erhalten soll.

 

6. Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes – Erleichterung der Einbürgerung

Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 01.11.2023, BT-Drs. 20/9044
Plenarprotokoll 1. Lesung am 30.11.2023

Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 08.09.2023, BR-Drs. 438/23
Fassung Kabinettsbeschluss 23.08.2023

Entwurf BMI v. 19. Mai 2023. Der Entwurf sieht kürzere Aufenthaltszeiten für den Einbürgerungsanspruch sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit als Regelfall gemäß Koa-Vertrag der Ampel vor.

Der Bezug von Sozialleistungen soll jedoch anders als bisher auch dann ein Einbürgerungshindernis werden, wenn dies nicht selbst zu vertreten ist, z.B. bei Kindern, Alleinerziehenden, eingeschränkt erwerbsfähigen Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung, Erwerbsunfähigen, Rentner*innen die ergänzend auf Grundsicherung angewiesen sind, pflegenden Familienangehörigen usw. Hinzu kommen weitere Verschlechterungen, so eine ggf. problematische Gleichberechtigungsklausel, vgl. dazu die Beispiele in der Begründung.

Stellungnahmen:
AWO Bundesverband, Juni 2023
Deutscher Anwaltverein, Juni 2023
Rat für Migration, 02.06.2023
Prof. Tarik Tabbara: Progressive Reform mit regressiven Untertönen – Der Gesetzentwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts, VerfBlog, 2023/5/23
RA Jan Sürig, Bremen, zum geplanten Ausschluss von Kindern aus ärmeren Familien und von Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen oder als pflegende Familienangehöriger nicht arbeiten können.

Geplant war laut Koa-Vertrag der Ampel „ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht“, das „die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglichen und den Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfachen“ soll. „Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll nach drei Jahren erworben werden können. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern werden mit ihrer Geburt deutsche Staatsbürger:innen, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.“

 

7. Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung – „FEG 2.0“ mit Änderungen BeschV und AufenthV

Anwendungshinweise BMI zu den ab 18.11.2023 geltenden Teilen des FEG 2.0
Muster-Vorabzustimmung zur Visumserteilung auf Grundlage des FEG 2.0

BGBl I v. 18.08.2023, Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, in Kraft (vgl. Art. 12) Art. 1 ab 18.11. 2023; Art 2 ab 1.03.2024; Art. 3  ab 01.06.2024 (Punktesystem „Chancenkarte“).

BGBl I v. 31.08.2023, VO zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung (Änderungen BeschV und AufenthV)

Der Rechtsanspruch für Akademiker und für beruflich Qualifizierte auf eine Aufenthaltserlaubnis, die anders als bisher zur Ausübung jeder qualifizierten Beschäftigung berechtigt (§§ 18a und b AufenthG), gibt ab 18. November 2023, die Regelungen zum Spurwechsel in eine qualifizierte Berufstätigkeit nach §§ 18a/b AufenthG für vor dem 29.03.2023 eingereistes Asylbewerber, die ihren Asylantrag zurücknehmen  (§ 10 Abs. 3 AufenthG) und zur neuen Ausbildungs-Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG erst ab 01.03.2024.

BMI und BMAS, Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung mit Begründung, BR-Drs. 284/23 v. 21.06.2023

Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, Synopse des BMI vom 28.06.2023 mit allen Änderungen
Änderungen durch den Innenausschuss, BT-Drs. 20/7934 vom 21.06.2023
Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 20/6500 vom 24.04.2023
Fassung Kabinettsbeschluss vom 29.03.2023
Referentenentwurf BMI vom 17.02.2023

Der Innenausschuss hat umfangreiche Änderungen des Entwurfs vorgenommen: Die Ausbildungsduldung wird zur Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer (§ 16g AufenthG). Auf die Aufenthaltserlaubnis besteht ein Rechtsanspruch. Bestehende Ausbildungsduldungen werden in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt (§ 104 Abs. 15).

Hinzu kommen die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ in eine Aufenthaltserlaubnis für eien qualifizietre Erwerbstätigkeit gegen Rücknahme des Asylantrags, wenn die Einreise vor 29. März 2023 erfolgt ist (§ 10 Abs. 3 S. 4 neu), die Ermöglichung des Elternnachzugs zu Fachkräften (§ 36 Abs 3 neu) sowie die Streichung des Gesetzeszwecks der „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern (§ 1 AufenthG).

Die Änderungen des AufenthG werden ergänzt durch eine „Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“ mit Folgeänderungen der BeschäftigungsVO und der AufenthaltsVO: Referentenentwurf  Stand 17.2.2023, Regierungsentwurf Stand 29.03.2023. Unter anderem soll die „Westbalkan-Regelung“ von 25.000 auf 50.000 Personen erhöht und die Geltungsdauer entfristet werden.

Stellungnahme GGUA 27. Juni 2023: Geplanter Wechsel Ausbildungsduldung zur Aufenthaltserlaubnis funktioniert nicht wegen Lücke im Gesetzentwurf

Stellungnahmen DAV und RAV März 2023.
Stellungnahmen weiterer Verbände zum Referentenentwurf auf der Seite des BMI, darunter DJB, Studierendenwerk DSW, HRK, DGB, EKD + Kath Büro, dpwDRK, IB, Diakonie, AWO, CaritasBAGFW, Verband Binationaler, Reporter ohne Grenzen, BDA, DIHK, Zentralverband dt. Handwerk,  Städte- und Gemeindebund, Landkreistag, StädtetagDeutscher VereinAgentur für Arbeit, IAB, Sachverständigenrat MigrationGoethe Institut, Dt. KrankenhausgesellschaftDt. Pflegerat, Verband der Games Branche, …

Das Gesetz soll Visa und Aufenthaltserlaubnisse für Facharbeitende und Akademiker:innen erleichtern. Die Erwerbsmöglichkeiten für Studierende mit Aufenthaltserlaubnis zum Sprachkurs oder Studium werden verbessert. Auch eine nicht einschlägig qualifizierte Berufstätigkeit soll für ein Bleiberecht von Hochschulabsolvent*innen ausreichen. Für Drittstaater mit Daueraufenthaltsrecht in einem anderen EU-Staat, die in Deutschland ein Arbeitsangebot haben, soll für das Aufenthaltsrecht nach § 38a AufenthG die Vorrangprüfung bei der Arbeitserlaubnis entfallen.

 

 

7a. Nachträgliche Anpassung FEG 2.0 – Verschärfung Verbot Spurwechsel § 10 AufenthG

 

Auf die zentralen Aufenthaltstitel des FEG 2.0 nach §§ 18a und 18 b AufenthG für Menschen mit beruflicher oder akademischer Qualifikation besteht ab 18.11.2023 ein Rechtsanspruch. Im Rahmen einer Änderung des Bundesvertriebenengesetzes wird nun § 10 AufenthG nachträglich geändert und für Asylbewerber im Verfahren und nach Ablehnung ein Verbot des Wechsels in diese Titel geschaffen, BT-Drs. 20-9347.pdf. Ausnahmen gelten nur, wenn der Wechsel aus einem laufenden Asylverfahren erfolgt und der Asylantrag zurückgenommen wird und die Einreise vor dem 29.03.2023 erfolgte.

Außerdem wird die Beschäftigungsduldung in § 60d AufenthG entfristet, die sonst Ende 2023 auslaufen würde. Hinzu kommen redaktionelle Änderungen des FEG 2.0.

 

8. Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts (Migrationspaket I)

Die Änderungen im Bundesgesetzblatt, in Kraft ab 31.12.2022

Ratgeber zum Chancen-Aufenthaltsrecht, Hrsg. dpw Okt. 2023

Erste Hinweise zum Chancen-Aufenthaltsrecht und Checklisten zum geänderten Bleiberecht nach § 25a/b AufenthG, Hrsg Diakonie, Jan 2023

Anwendungshinweise des BMI zum Chancen-Aufenthaltsrecht v. 23.12.2022 und v. 14.02.2023. Die ergänzenden Hinweise des BMI stellen klar, dass für die Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG die Identität noch NICHT zwingend geklärt sein muss. Dies kann auch während der 18-monatigen Laufzeit der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c geschehen. Die Aufenthaltserlaubnis kann dann als Ausweisersatz ausgestellt werden. Zudem empfiehlt das BMI, bis zur Fertigstellung des elektronischen Aufenthaltstitels (eAT) die Aufenthaltserlaubnis durch „einfaches Behördenschreiben“ zu bescheinigen, damit die Zeit zur Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 25a, 25b AufenthG bestmöglich genutzt werden kann.

Synopse der Änderungen im AufenthG, erstellt von GGUA Münster.

Änderungen durch den Innenausschuss des Bundestags, BT-Drs. 20/4700 v. 30.11.2022

Anhörung zum Chancen-Aufenthaltsrecht am 28.11.2022 mit Stellungnahmen der Expert*innen

Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs 20/3717 v. 28.09.2022.

Aktualisierte Stellungnahme BumF, JoG, tdh
Stellungnahme Deutsches Institut für Menschenrechte DIMR

Fassung Kabinettsbeschluss vom 6.7.2022, einige Details wurden gegenüber dem BMI-Entwurf verbessert.

Entwurf Bundesinnenministerium vom 07.06.2022
Zahlreiche Verbände kritisieren den BMI-Entwurf scharf, so die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, die Diakonie, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Pro Asyl sowie der Verband Binationaler Partnerschaften.

Das Gesetz soll den Zugang zum Bleiberecht für lange in Deutschland lebende geduldete Geflüchtete erleichtern. Im Koalitionsvertrag kündigte die Ampelregierung eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe und ein Absenken der Voraufenthaltszeiten für das Bleiberecht nach § 25a/b AufenthG sowie eine Erleichterung des Ehegattennachzugs an:

„Gut integrierte Jugendliche sollen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland und bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen. Besondere Integrationsleistungen von Geduldeten würdigen wir, indem wir nach sechs bzw. vier Jahren bei Familien ein Bleiberecht eröffnen. Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen: Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben … sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen.

 … Die „Duldung light“ schaffen wir ab. Arbeitsverbote für bereits in Deutschland Lebende schaffen wir ab.

… Zur Ehepartner:in nachziehende Personen können den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen.“

Der Entwurf ändert nach den Maßgaben des Koa-Vertrags die zeitlichen Voraussetzungen für das Bleiberecht, hält aber an Duldung Light und Arbeitsverboten fest. Auf den Sprachnachweis soll nur beim Ehegattennachzug zu ausländischen Fachkräften verzichtet werden, nicht jedoch beim regulären Ehegattennachzug zu Deutschen und Nichtdeutschen. Zudem soll die Abschiebungshaft ausgeweitet werden,

9. Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren

Die Änderungen im Bundesgesetzblatt, in Kraft ab 1.1.2023

Änderungen durch den Innenausschuss des Bundestags, BT-Drs. 20/4703 v. 30.11.2022
Anhörung  am 28.11.2022 mit Stellungnahmen der Expert*innen
Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 8.11.2022, BT-Drs. 20/4327

Stellungnahme Deutsches Institut für Menschenrechte DIMR
Stellungnahme Pro Asyl

Referentenentwurf BMI Stand 11.10.2022. Asylanhörungen sollen auch als Videokonferenz stattfinden, Sprachmittler auch per Video hinzugezogen werden können. Asylwiderrufs- und Rücknahmeverfahren sollen nur noch anlassbezogen erfolgen. Es soll eine vom BMI finanzierte behördenunabhängige Asylverfahrensberatung eingeführt werden.

 

10. Verfassungskonforme Anpassung des AsylbLG

Laut Koalitionsvertrag der Ampel soll das AsylblG „in dieser Legislaturperiode im Lichte der Rechtsprechung des BVerfG fortentwickelt” werden. Was das konkret bedeutet bleibt offen. Aktuell – November 2023 – liegt noch kein Entwurf vor.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss v. 19.10.2022 die 10 % niedrigereSonderbedarfsstufe“ für alleinstehende Asylbewerber in Sammelunterkünften aufgehoben, da sie gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstößt. Der Beschluss bestätigt eine Vorlage des Sozialgerichts Düsseldorf zur Verfassungswidrigkeit der seit 1.9.2019 geltenden Kürzung der AsylblG-Beträge für Alleinstehende und Alleinerziehende in Sammelunterkünften wegen angeblichen Zusammenwirtschaftens wie Ehepartner aus einem Topf („Zwangsverpartnerung„).

Da der Beschluss sich formal nur auf die 10 % Kürzung der Beträge nach § 2 AsylbLG bezieht (der Kläger bezog solche Leistungen), die Begründung für die 10 % Kürzung nach § 3a AsylbLG aber identisch ist, hat das BMAS den Ländern empfohlen, aufgrund des BVerfG-Beschlusses die Kürzung auch nach § 3 /3a AsylbLG zu beenden.

Das BMAS hat per Bekanntgabe im BGBl die Leistungssätze nach §§ 3/3a zum 1.1.2023 und zum 1.1.2024 analog der SGB II/XII Regelsätze erhöht. Die Bekanntgaben enthalten erneut auch die verfassungswidrig um 10 % gekürzten Beträge für Alleinstehende in Sammelunterkünften. Geflüchtete sollten sich ggf. gegen diese Kürzung wehren, vgl. auch unseren Musterwiderspruch wegen verfassungswidriger Leistungskürzung für Alleinstehender in Sammelunterkünften.

Eine Vorlage des LSG Niedersachsen-Bremen zur Höhe der Beträge nach § 3a AsylbLG ist beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 1 BvL 5/21 noch anhängig. Sie war zur Entscheidung für 2022, dann für 2023 vorgesehen. Entschieden wurde noch nichts (Stand Nov. 2023). Siehe zu beiden Verfahren auch die Stellungnahme Flüchtlingsrat Berlin fürs BVerfG, Fassung Nov. 2022.

 

11. Bürgergeldgesetz – Änderungen im SGB II und SGB XII

BGBl. v. 20.12.2022, in Kraft ab 1.1.2023, in Teilen ab 1.7.2023.

Synopsen SGB II und SGB XII mit allen Änderungen, erstellt von Tacheles e.V.
Änderungen Vermittlungsausschuss, BT-Drs. 20/4600
Stellungnahme Bundesrat, BT-Drs. 20/4226
Änderungen Ausschuss für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 20/4360
Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales am 7.11.2022 mit Stellungnahmen der Sachverständigen
Entwurf Bundesregierung, BT-Drs. 20/3873 vom 10.10.2022

Stellungnahme Flüchtlingsrat Berlin zur Ermittlung der Regelsätze für das Bürgergeld und das AsylbLG, Nov. 2022: download

Das Arbeitslosengeld II wird in Bürgergeld umbenannt, Sanktionen heißen künftig Leistungsminderung. Sämtliche Einschränkungen und Ausschlüsse für AsylbLG-Berechtigte und andere Nichtdeutsche übernimmt der Entwurf in § 7 SGB II und § 23 SGB XII unverändert.

Referentenentwurf BMAS vom 21.07.2022
Synopsen zum Referentenentwurf des BMAS
Stellungnahme Tacheles e.V. zu den Ausschlüssen für Nichtdeutsche vom Bürgergeld siehe Seite 7 und 8 sowie Seite 48 bis 50.
Stellungnahme dpw, zu den Ausschlüssen für Nichtdeutsche vom Bürgergeld siehe Seite 17 bis 19 im PDF
Weitere Stellungnahmen auf der Seite des BMAS

 

11a. Wohngeld Plus Gesetz 2023

Bundesgesetzblatt vom 8.12.2022, in Kraft ab 1.1.2023
Erläuterungen des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Wohngeld Plus Gesetz, Fassung Kabinettsbeschluss 28.09.2022

 

12. Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine – EU Beschluss 2022/382

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 v. 04.03.2022 zur Einführung eines vorübergehenden Schutzstatus für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Leitlinien der EU v. 21.03.3022 zur Umsetzung des Beschlusses 2022/383 und  Berücksichtigung bedeutsamer Verbindungen – meaningful links – zur Ukraine bei Drittstaatsangehörigen

Richtlinie 2001/55 EG vom 20.07.2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen

§ 24 AufenthG – Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz

Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung v. 7.3.2022 mit erster Verlängerung bis 31.08.2022: Legale visafreie Einreise und visafreier Aufenthalt für Kriegsflüchtlinge einschl. Drittstaatsangehöriger aus der Ukraine bis 31.08.2022. Zweite Verlängerung, dritte Verlängerung sowie vierte Verlängerung: Seit 1.9.2022 legale visafreie Einreise und visafreier Aufenthalt für drei Monate ab der ersten Einreise nach Deutschland. Bei Ablehnung eines Aufenthaltstitels auch vor Ablauf der 90 Tage kein legaler Aufenthalt mehr.

Umsetzungshinweise BMI 
Schreiben v. 5.03.2022 (u.a. keine Verteilung bei privater Wohnmöglichkeit), Schreiben v. 14.03.2022,  Schreiben v. 14.04.2022 und Schreiben v. 2.6.2022 u.a. zu Einbeziehung bei Ausreise bis 90 Tage vor dem 24.2.2022, Einbeziehung Geflüchteter aus Krim, Donezk und Luhansk.

Schreiben BMI u.a. zur Einbeziehung Drittstaatsangehöriger Stand 05.09.2022, u.a. zur Einbeziehung Drittstaatsangehöriger.
Schreiben BMI v. 08.08.2022 zum Fortbestehen des Schutzstatus bei Weiterwanderung in einen anderen Aufenthaltsstaat der EU.

Infoseite Senat Berlin mit FAQ für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine
deutsch   englisch   ukrainisch   russisch

Registrierung, Unterbringung und bundesweite Verteilung im Ukraine Ankunftszentrum (UA-TXL) im ehemaligen Flughafen Berlin-Tegel

Formular Wohngeberbescheinigung für 6 Monate zur Vorlage im UA-TXL für eine Berlinzuweisung

Antrag auf einen Termin beim Landesamt für Einwanderung LEA zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis

Anwendungshinweise LEA Berlin zum AufenthG (VAB)> zu § 24 AufenthG unter  A.24

Infoseite Flüchtlingsrat Berlin für Geflüchtete aus der Ukraine
deutsch        englisch     Musteranträge Flüchtlingsrat

Infoseite Flüchtlingsrat Berlin für aus der Ukraine geflüchtete nicht ukrainische Drittstaatsangehörige       deutsch      englisch

 

13. Änderungen Aufenthalts- und Sozialrecht für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ab 1.6.2022 (Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz)

Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen und weiterer Gesetze v. 23. Mai 2022 – BGBl 27.05.2022.

Beschlussempfehlung Ausschuss für Arbeit und Soziales v. 11.05.2022 – BT-Drs. 20/1768 (Neuregelungen für Ukraine-Geflüchtete)

Gesetzentwurf v. 13.04.2022 – BT-Drs. 20/1411

Das Sofortzuschlags und Einmalzahlungsgesetz regelt Einmalzahlungen und Zuschläge nach AsylbLG und  SGB II/XII zum Ausgleich pandemiebedingter Mehrbedarfe und der Preisentwicklung: 200 Euro einmalig für Erwachsene, 20 Euro monatlich mehr für Kinder.

Erst im laufenden Gesetzgebungsverfahren wurde der Gesetzentwurf ergänzt um umfangreiche Änderungen des Aufenthalts- und Sozialrechts für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine: bundesweite Verteilung § 24 AufenthG, erkennungsdienstliche Behandlung §§ 49/81 AufenthG, Wohnsitzauflage § 12a AufenthG sowie der Wechsel vom AsylbLG ins SGB II/XII („Rechtskreiswechsel„). Voraussetzung für Leistungen nach SGB II/XII ist ein Aufenthaltstitel nach § 24 oder eine grüne Fiktionsbescheinigung nach § 81 AufenthG. Ohne diese Nachweise besteht weiterhin nur Anspruch nach AsylbLG. Leistungen nach AsylbLG muss das Sozialamt auch für die Übergangszeit erbringen, bis die Leistungen nach SGB II/XII bewilligt sind (§ 18 AsylbLG).

Anspruch auf Sozialleistungen besteht wegen der Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG grundsätzlich nur am zugewiesenen Wohnort.

Neu ist die erkennungsdienstliche Behandlung aller Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die ggf. rückwirkend bis zum 31.10.2022 nachgeholt werden soll.

In Berlin reicht für Leistungen nach SGB II/XII auch eine weiße Fiktionsbescheinigung des LEA mit rundem Dienstsiegel und AZR-Nummer, hier ein Muster, nicht aber nur eine Terminbuchung beim LEA und/oder Berlinzuweisung des UA TXL.

Auch ab 1. Juni 2022 neueingereiste Kriegsflüchtlinge erhalten in Berlin zunächst Leistungen nach AsylbLG, weil das LEA sich nicht an der Registrierung im UA TXL beteiligt und dort weder Aufenthaltserlaubnisse noch grüne Fiktionsbescheinigungen ausgestellt werden.

Geflüchtete haben nach AsylbLG bzw. SGB II/XII (Hartz IV/Bürgergeld) auch wenn sie privat untergebracht sindAnspruch u.a. auf Regelsätze, angemessene Miete und Heizkosten einschl. Nachzahlungen (ggf. Untermietvertrag vorlegen!), Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende (auch bei vorübergehender Trennung vom Partner in der Ukraine) und bei Bedarf eine Erstausstattung an Kleidung und Schuhen.

Nach AsylbLG/SGB XII gibt es eine Krankenversichertenkarte nach § 264 SGB V, nach SGB II eine Krankenversicherung nach § 5 SGB V. Bei Pflegebedürftigkeit muss das Sozialamt die ambulante oder stationäre Pflege bezahlen, da eine Pflegeversicherung nach AsylbLG/SGB XII nicht vorgesehen ist und diese Versicherung Leistungen auch erst nach zweijähriger Vorversicherungszeit erbringt.

Die Weisung der Bundesagentur für Arbeit v. 23.05.2022 stellt klar, dass nach SGB II Vermögen unter 60.000 € zuzüglich 30.000 € je weitere Person für sechs Monate nicht berücksichtigt wird (Sonderregelung wegen der Pandemie). Laut Schreiben BMAS v. 25.05.2022 wird im SGB XII wegen der Pandemie Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nur berücksichtigt, wenn das Vermögen erheblich ist. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn man dies erklärt. Ab 1.1.2023 gilt insoweit das Bürgergeldgesetz.

Die o.g. Weisung der Bundesagentur für Arbeit und das o.g. Schreiben des BMAS stellen klar, dass bei Sozialhilfe und beim Alg 2 Einkommen des Partners in der Ukraine nicht berücksichtigt werden darf und die Prüfung der Unterhaltspflicht einer Person in der Ukraine entfällt.

Der Anspruch auf Sozialhilfe nach AsylbLG bzw. SGB XII bzw. Leistungen vom Jobcenter nach SGB II besteht bei Mittellosigkeit sofort! Verlangen Sie ggf. einen sofortigen Vorschuss!

 

 

14. Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems GEAS

Im Mai 2023 wurde ein von Pro Asyl als „Asylkompromiss 2.0“ scharf kritisierter erneut geänderter Entwurf für ein EU-weit rechtlich verbindliches Verordnungspaket zum Asylrecht vorgelegt, das eine regelmäßige Inhaftierung Schutzsuchender an den Außengrenzen der EU sowie eine faktische Legalisierung von Pushbacks ohne Prüfung der Asylgründe beinhaltet.

Im Dezember 2022 wurde der Entwurf einer Instrumentalisierungs-Verordnungvorläufig gestoppt: Im Falle einer »Instrumentalisierung von Migration« durch Drittstaaten sollte ein Sonderasylrecht greifen. Die Instrumentalisierungsverordnung richtete sich allerdings nicht gegen diese Drittstaaten, sie zielte einzig und allein darauf, die Rechte von schutzsuchenden Menschen zu beschneiden.

Im Juni 2022 hatte sich der Rat der EU auf Vorschläge für einen neuen Solidaritätsmechanismus zur Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen geeinigt. Gleichzeitig wurden umfassende Verschärfungen für Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen vorgeschlagen:

  • Screening-Verordnung: Schutzsuchende sollen direkt nach Aufgriff an der Grenze eines Mitgliedstaates fünf bis zehn Tage für ein Screening inhaftiert werden und als »nicht eingereist« gelten. Dort soll entschieden werden, ob ein normales Asylverfahren oder ein Asylgrenzverfahren durchgeführt wird, in dem Schutzsuchende als »nicht eingereist« gelten, siehe Verordnungsvorschlag von 2020
  • Das bis zu 24 Wochen dauernde Asylgrenzverfahren soll für einige Fälle verpflichtend werden, u.a. wenn die Anerkennungsquote eines Herkunftslandes unter 20 % liegt. Es soll den Mitgliedstaaten freigestellt sein es darüber hinausgehend auf fast alle Asylsuchenden anzuwenden. Während der gesamten Zeit sollen Betroffene als »nicht eingereist« gelten, was absehbar ihre Inhaftierung bedeutet, sh. geänderter Verordnungsvorschlag von 2020.
  • Gemäß Vorschlag für eine neue Rückführungsrichtlinie kann sich direkt daran ggf. die erweiterte Abschiebungshaft von bis zu 18 Monaten anschließen.
  • Krisen-Verordnung: Während einer »Krise« könnten Asylgrenzverfahren ausgeweitet werden, so dass sie für alle Schutzsuchenden gelten, die EU-weit eine Anerkennungsquote von 75 % oder niedriger haben. Außerdem sollen bei »Krisen« oder »höherer Gewalt«, wie einer Pandemie, Möglichkeiten eröffnet werden, von wichtigen Standards abzuweichen., siehe Verordnungsvorschlag von 2020
  • Asyl- und Migrationsmanagementverordnung: Der Rat der EU will an der Dublin-Verordnung festhalten. Durch die Beibehaltung des »Ersteinreiseprinzips« bleibt die Zuständigkeit meist bei Außengrenzstaaten wie Griechenland und Italien.
  • Die vorgeschlagenen Regelungen zu den Solidaritätsmaßnahmen bei »Migrationsdruck« und bei Ausschiffung nach Seenotrettung die Außengrenzstaaten entlasten sollen, sind kompliziert und realitätsfern. Verordnungsvorschlag von 2020

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Diese Infoseite wird kofinanziert durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union AMIF.



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