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Mogelpackung Betriebsrente

Neues Gesetz taugt nicht viel

Noch im April berät der Bundestag über ein neues Gesetz zu Betriebsrenten. Früher waren Betriebsrenten das Sahnehäubchen auf die gesetzliche Rente: obendrauf und meist vom Arbeitgeber bezahlt. Das ist lange her. Heute befindet sich die gesetzliche Rente im Sinkflug. Daran haben CDU/CSU und SPD auch nichts geändert. Aber mehr Verträge für Betriebsrenten sollen abgeschlossen werden. Noch mehr Privatisierung, noch mehr Risiko für die Versicherten, noch mehr Vorteile für Arbeitgeber und Versicherungen. »Sie missbrauchen den guten Ruf der Betriebsrente für ein schlechtes Gesetz«, kritisiert der Mathematiker und Statistikprofessor Gerd Bosbach.

Was ist Ziel des Gesetzes?

Menschen, die wenig verdienen, zahlen selten in eine Betriebsrente ein. Und kleine und mittlere Unternehmen bieten selten eine an. Das soll sich ändern. Wer bis 2.000 Euro brutto verdient und eine Betriebsrente abschließt, soll künftig vom Staat einen kleinen Zuschuss erhalten.

Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber jährlich einen Beitrag für die Betriebsrente an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung abführt. Der Beitrag des Arbeitgebers wird steuerlich gefördert.

 

Wie geht das praktisch?

Ein Teil des Bruttogehalts/-lohns wird abgezweigt und für die Beiträge zur Betriebsrente verwendet. Das ist die sogenannte Entgelt- umwandlung. Die Beiträge fließen in eine Versicherung, aus der später die Betriebsrente bezahlt wird.

 

Was ist daran auszusetzen?

Eine ganze Menge. Es sei absurd, weniger Geld in die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen, also seine eigene gesetzliche Rente zu drosseln, um das abgezwackte Geld über Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder Direktversicherung der privaten Versicherungswirtschaft zukommen zu lassen, sagt Professor Gerd Bosbach. Denn private Versicherer wollen – anders als die gesetzliche Rentenkasse – Rendite machen. Verliererin ist die gesetzliche Rentenkasse, Gewinner sind die privaten Versicherer.

 

Welche Haken gibt es noch?

Beschäftigte müssen zweimal zahlen. Als Steuerzahler/innen müssen sie für die steuerliche Förderung der Zuschüsse aufkommen. Als Versicherte zahlen sie jahrelang in die private Versicherung für die Betriebsrente ein. Wird die Betriebsrente ausbezahlt, müssen sie den Betrag versteuern. Zudem müssen sie den eigenen Anteil für Krankenversicherung und Pflegeversicherung zahlen und den des Arbeitgebers dazu. Unklar ist, ob der Betrag aus der Betriebsrente größer sein wird, als wenn das Geld in die gesetzliche Rente gesteckt worden wäre.

 

Wieso sind die Arbeitgeber die Gewinner?

Wenn der Beitrag für die Betriebsrente vom Bruttolohn abgezweigt wird, muss der Arbeitgeber dafür keine Beiträge für die Sozialversicherung zahlen. Beispiel: Zahlt ein Beschäftigter 100 Euro ein, macht das 17,80 Euro weniger für den Unternehmer. Die Ersparnis beträgt fast 20 Prozent. Bosbach rechnet hoch: »Bei einer Million Euro für die betriebliche Altersvorsorge sind das 178.000 Euro Einsparung für die Unternehmer.« Allerdings sollen Milliarden und nicht nur Millionen in die Betriebsrente fließen. Einen kleinen Teil seiner Ersparnis muss der Arbeitgeber laut Gesetzentwurf aber an die Versorgungseinrichtung weiterleiten.

 

Wem nutzt das Gesetz?

Den Unternehmern und der privaten Versicherungswirtschaft. Deshalb bezeichnet der Mathematiker und Statistikprofessor Gerd Bosbach das Gesetz als Mogelpackung. Sinnvoller wäre, Geld direkt in die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen und endlich dafür zu sorgen, dass das Rentenniveau angehoben wird.

Die Gewerkschaften wollen die gesetzliche Rente wieder stark machen. www.rente-muss-reichen.de

Warum der Mathematiker und Statistikprofessor der Hochschule Remagen Gerd Bosbach nichts von dem Gesetz hält, erklärt er in diesem Interview.

\\ Info

In der Druckindustrie und in der Papierverarbeitung gibt es bereits Tarifverträge zur betrieblichen Altersversorgung. Beschäftigte können Teile ihres Entgelts für die Altersvorsorge verwenden. Ein Beitrag des Arbeitgebers ist nicht vorgesehen. Von dem Angebot machen nicht viele Beschäftigte Gebrauch. Anders sieht der Konzerntarifvertrag Altersvorsorge aus, den ver.di mit Smurfit Kappa vereinbart hat. Danach zahlt das Unternehmen für jeden Beschäftigten, der unter den ver.di-Tarif fällt, dieses Jahr 550 Euro zur Altersvorsorge und nächstes Jahr 600 Euro.