Einmaliges Sandsteinbild von St. Sebald in großer Gefahr

4.12.2019, 05:57 Uhr
Architektin Alexandra Fritsch hat das Absperrgitter geöffnet und steht an der Grabstätte der Stifter. Das Epitaph an der Außenwand von St. Sebald ist äußerst kunstvoll gearbeitet. Adam Kraft hat auch Details wie Bäume mit besonderer Sorgfalt gestaltet.

© Edgar Pfrogner Architektin Alexandra Fritsch hat das Absperrgitter geöffnet und steht an der Grabstätte der Stifter. Das Epitaph an der Außenwand von St. Sebald ist äußerst kunstvoll gearbeitet. Adam Kraft hat auch Details wie Bäume mit besonderer Sorgfalt gestaltet.

Es ist das erste große Meisterwerk von Adam Kraft. Wer am Rathaus Wolffscher Bau vorbeiläuft, sieht das mit einem Gitter gesicherte, einmalige Baudenkmal am Kirchenchor. Sein zweites, weltbekanntes Kunstwerk ist das 20 Meter hohe Sakramentshäuschen in St. Lorenz.

Am Schreyer-Landauer-Epitaph von St. Sebald sind in feinster Steinmetztechnik mehrere biblische Szenen gleichzeitig zu sehen: die Kreuztragung, die Abnahme des toten Jesu vom Kreuz und die Auferstehung Christi. Die Nürnberger Matthäus Landauer und sein Onkel Sebald Schreyer hatten es 1490 gestiftet.

Ein großer Steinbrocken ist schon herausgebrochen und wurde wieder vorsichtig befestigt. Seit 1966 beobachten Denkmalpfleger, wie sich das Schadensbild in der kapellenartigen Nische entwickelt. Jetzt sind Rissmarken gesetzt, um die Bewegungen der 19 Steinplatten zu dokumentieren. Die Blöcke verschieben sich gegeneinander, ein unheimlich starker Druck lastet darauf.

Mit Rissmonitoring stellen die Experten fest, ob sich Sprünge und Brüche im Sandstein verbreitern. Die Rissmarken sind über das ganze Kunstwerk verteilt.

Mit Rissmonitoring stellen die Experten fest, ob sich Sprünge und Brüche im Sandstein verbreitern. Die Rissmarken sind über das ganze Kunstwerk verteilt. © Edgar Pfrogner

Die Ursache liegt in rund 40 Eisenhaken, mit denen Kraft das Wandbild aufgebaut hat. Das in Gips eingebettete Metall rostet und sprengt den Stein. "Der Rost wächst wie ein Blätterteig Schicht um Schicht, wir können den Vorgang nicht stoppen", erklärt Architektin Alexandra Fritsch, " die Frage ist, mit welchem Zeitraum wir rechnen müssen, bis es das Epitaph zersprengt." Als Kirchenbaumeisterin kümmert sie sich seit langem um St. Sebald.

Soll man die rostigen Haken einfach entfernen? Statisch notwendig sind die Eisen nicht, das Kunstwerk trägt sich selbst. Man könnte zugleich den Gips entfernen, der mit seine Feuchtigkeit wesentlich zum Rost-Problem beiträgt und die Platten dann mit Kalkmörtel verbinden.


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Der ganz große Haken an dieser Methode: Man müsste erst einmal die gesamte Bildwand abbauen. Davor scheuen sich alle Experten. "Es wäre nur die letzte Möglichkeit. Denn beim Abbau gibt es immer Verluste und das wollen wir unbedingt vermeiden", meint Fritsch.

Bislang übernimmt niemand die Verantwortung für einen derart starken Eingriff. Doch durch Abwarten werden die Schäden nur größer. Bei einem Fachkolloquium im Februar 2020 wollen Experten Möglichkeiten ausloten, wie man mit Kunstwerk umgeht. Allen Beteiligten ist klar, dass die Zeit davonläuft.

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