Mit einem Getränk, das auf den halben Liter 54 Gramm Zucker enthält, kann man auf dem europäischen Markt keine Rekordumsätze mehr machen. Das ist vermutlich auch den Verantwortlichen von Coca-Cola schon lange klar. Eine erste Verzweiflungstat war daher 2006 die Coke Zero – versehen mit dem schwarzen Etikett. Als Zielgruppe waren explizit figurbewusste Männer auserkoren, für Frauen gibt es bereits seit Anfang der 1980er Jahre die Coke Light im silber-roten Design. Beide Sorten enthalten keinen Zucker, dafür den Süßstoff Aspartam. Der wird künstlich aus Eiweißbausteinen zusammengesetzt und ist damit kein Aushängeschild für die Gesundheitsbewegung. 

Das soll, geht es nach dem US-amerikanischen Konzern, jetzt Coca-Cola Life werden. Denn die grün verpackte Flasche wirbt mit dem Image des natürlich Gesunden. Der Verbraucher assoziiert mit der Farbe Grün biologische, ökologische und gesunde Produkte. Zudem enthält die Limonade den pflanzlichen Zusatz Stevia, der vor gut fünf Jahren von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit als unbedenklich freigegeben worden ist und seitdem zunehmend als gesunder Zuckerersatz angepriesen wird.

Anders als Zucker erhöhen Stevia-Extrakte den Blutzucker nicht, da sie nicht als Nährstoff in den Blutkreislauf aufgenommen werden, sie haben keine Kalorien und verursachen kein Karies. Und im Gegensatz zu anderen Süßstoffen stehen sie auch nicht im Verdacht, schädlich für den Darm zu sein. Stevia verleiht der neuen Cola daher die Aura eines kalorienarmen Getränks mit natürlicher Süße.

Zuckerbombe mit etwas weniger Zucker

Doch der Schein trügt. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat die Limonade genauer unter die Lupe genommen und warnt: Schon eine Halbliterflasche der grünen Cola überschreitet die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Zuckermenge pro Tag. Zwar sind dank des Zusatzes von Stevia nur noch 34 Gramm Zucker pro halbem Liter enthalten. Heißt: Statt 18 Stück Würfelzucker 11. Doch: "Eine Zuckerbombe mit ein bisschen weniger Zucker ist immer noch eine Zuckerbombe", sagt Anneke von Reeken, Referentin für Ernährung und Lebensmittel bei der Verbraucherzentrale.

Ein Schwindel ist die grüne Cola nicht, denn alle Angaben auf der Verpackung sind richtig. Den Vorwurf der Irreführung muss sich das Unternehmen dennoch gefallen lassen: "Genau diese Verpackung suggeriert eine Natürlichkeit, etwas Gesundes, das überhaupt nicht in Einklang steht mit den enthaltenen Nährwerten. Gäbe es eine Nährwertampel, wäre die bei der grünen Cola leuchtend rot", sagt von Reeken.

Warum aber süßt Coca-Cola nicht ausschließlich mit Stevia? Aus zwei Gründen: Zum einen hat der Süßstoff einen leicht bitteren Nachgeschmack, der umso deutlicher hervortritt, je mehr man verwendet. Zum anderen hat die Europäische Kommission Höchstmengen festgelegt, als sie Stevia als Lebensmittelzusatzstoff auf dem europäischen Markt zugelassen hat.