BERNE - Renate Neeman hat lange geschwiegen. Sie überlebte mit ihrer Familie den Holocaust, versteckt bei einer Familie in Holland. Mit 20 Jahren wanderte sie in die USA aus, wo sie bis heute lebt. „Wir hatten unglaubliches Glück“, sagt sie. Seit sie im Jahr 2001 durch Zufall die Memoiren ihrer Mutter fand, kann sie über ihre Erlebnisse reden. „Das Übersetzen der Texte hat mir geholfen, alles zu verarbeiten. Heute bin ich rein“, sagt die heute 84-Jährige.

Die Texte ihrer Mutter Erna Berg, geborene Koopmann, beschreiben die Zeit des Lebens im Untergrund in Amsterdam. Sie sind bereits als Buch erschienen. Erna Koopmann wurde 1892 in Berne geboren. Später zog sie mit ihrem Mann nach Hildesheim, doch der Kontakt in die Wesermarsch brach nie ab. „Auch ich habe meine Ferien in Berne bei meiner Großmutter Sara Koopmann verbracht“, erinnert sich Renate Neeman. Ihr letzter Ferienaufenthalt in Berne war im Jahr 1935. Ihre Großmutter verließ mit ihrem Sohn Louis im Jahr 1937 die Gemeinde, nachdem man sie gezwungen hatte, ihren landwirtschaftlichen Betrieb aufzugeben.

Nun ist Neeman zurück in der Wesermarsch, gemeinsam mit Tochter und Enkelin. „Es ist überwältigend und ich finde es wunderschön“, sagt sie. „Gestern bin ich in Berne gewesen, im ehemaligen Haus meiner Großeltern in der Langen Straße. Ich wurde sehr herzlich empfangen und habe viel wiedererkannt. Zum Beispiel hatte meine Großmutter eine Grotte im Garten, da sind noch einige Steine übrig.“ Außerdem besichtigte die Familie den Kirchhof und den jüdischen Friedhof. „Ich habe so viele Erinnerungen. Das Maibaumsetzen, Karneval, und wo ich an der Berne immer geangelt habe .“

Sie wird ihre Geschichte nun an Schulen in der Wesermarsch erzählen. Auch in den USA spricht sie regelmäßig über ihr Leben. „Das ist wichtig. Solange es noch Zeitzeugen gibt. Für mich ist das eine sehr intensive Erfahrung.“ Die Erinnerungen ihrer Mutter, „Memoiren aus der Tauchzeit“, sind vor kurzem auch auf Englisch erschienen. „Viele Exilanten interessiert das Thema sehr. Doch ihre Kinder können kein Deutsch mehr“, erklärt Ulla Bernhold, Gleichstellungsbeauftragte beim Landkreis Wesermarsch und Herausgeberin des Buches, das im Isensee-Verlag erscheint. Unterstützt wurde die Veröffentlichung von der Oldenburgischen Landschaft. Nach ihrem Aufenthalt in der Wesermarsch geht es für Neeman und ihre Familie nach Holland. Dort werden sie die Menschen treffen, die sie in Amsterdam und Amersfoort versteckt hielten.